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BUSENFREUNDE  
03/06/2000 - profil 10/2000
Reduktion, Gelassenheit.
VON SVEN GÄCHTER

Manche Fragen sind schwer zu beantworten: Warum, zum Beispiel, tragen die beiden Männer Bademäntel? Und warum tragen sie dazu Sonnenbrillen? Wollen sie nicht erkannt werden? Würden sie ohne Sonnenbrillen (bzw. Bademäntel) überhaupt erkannt? Oder wollen sie sich nur lustig machen? Und wenn ja: Warum, und über wen? Über sich selbst oder über die Betrachter? Bei den beiden Herren handelt es sich um Richard Dorfmeister und Rupert Huber. Sie sind 31 Jahre alt und kennen einander seit Ewigkeiten, denn sie drückten jahrelang gemeinsam die Schulbank. Beide machten in der Folge die Musik zum Lebensinhalt, wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen: Richard Dorfmeister wurde im Doppel mit Peter Kruder zu einer der internationalen Speerspitzen der viel gepriesenen elektronischen Szene von Wien. Auch Huber verschrieb sich der Elektronik, allerdings in ihren eher spröden und experimentellen Facetten.

Vor fünf Jahren gründeten Dorfmeister und Huber das Seitenprojekt Tosca - Tosca deshalb, weil sie für ihre Debüt-Single "Chocolate Elvis" ein Mikrosample aus Puccinis Opernklassiker verwendeten. 1997 erschien der erste Longplayer von Tosca, sinnigerweise mit „Opera" betitelt. Es folgten zwei weitere CDs, die nichts anderes enthielten als jeweils ein paar Hand voll verschiedener Remixes von zwei Tracks. Die obligate Frage, inwieweit Tosca das Erfolgsprojekt Kruder & Dorfmeister konkurrenziere, kann Dorfmeister inzwischen nicht mehr hören. Nein, sagt er einsilbig, das eine habe mit dem anderen wirklich nichts zu tun - zumal auch Kruder mit Peace Orchestra voriges Jahr fremdgegangen ist. Das lang erwartete Studioalbum von Kruder & Dorfmeister sei nach wie vor Teil des Masterplans. Die beiden, versichert Dorfmeister, arbeiteten bereits heftig daran.

Vorerst jedoch veröffentlichen Dorfmeister und Huber ihr zweites Studioalbum, „Suzuki". Es ist einem buddhistischen Mönch namens Shunry Suzuki gewidmet, der in den siebziger Jahren in San Francisco praktizierte.

Für die Promotion von "Suzuki" dachten sich Dorfmeister und Huber etwas ganz Besonderes aus: Wo immer sie in den letzten Wochen für Interviews Station machten, in Hamburg, London, Paris oder New York, empfingen sie Journalisten nicht in anonymen Hotelsuiten, sondern in wohltemperierten Schwimmbädern und Saunen - immer im Bademantel, wohlgemerkt. Auch die Journalisten mussten sich Bademäntel anziehen. Die Gespräche sollen danach ganz anders verlaufen sein als die üblichen Medien-Musiker-Termine, „irgendwie entspannter", sagt Dorfmeister.

Ja, es geht um Entspannung und um die Frage, wie man diesen erlesenen Zustand herbeiführt. Bademäntel können dabei helfen, aber nur in entsprechend ungezwungener Umgebung. Musik ist auch nicht verkehrt, und das führt geradewegs zum Kern von „Suzuki", einem modernen Konzeptalbum, dessen Thema das tiefschürfende Bewusstsein der Entspannung, der Gelassenheit und der Reduktion ist. "Suzuki", erklärt Dorfmeister, sei geprägt von einem gewissen "Grundflow`; man solle die CD einlegen und dann einfach für eine Stunde "wegdriften" können, wohin auch immer. Schroffe Ecken und Kanten gibt es keine, auch keine brutalen Stimmungswechsel oder vertrackten Melodiebögen. Es gibt lediglich ein rundes Dutzend verschiedener Grooves, die ganz unaufgeregt entfaltet werden, mal mit filigranen Samples, mal mit effizienten Pausen pointiert, und nach fünf, sechs Minuten nahtlos in den nächsten Groove überfließen.

Das klingt eher unspektakulär, doch das Unspektakuläre hat hier Methode. Die Dramaturgie von „Suzuki" (mit so aparten Tracktiteln wie „Busenfreund" oder „Doris Dub") folgt einer minimalistischen Ästhetik, die sich aus der Erkenntnis speist, dass Entspannung und Wohligkeit genuine menschliche Grundbedürfnisse sind.

Vielleicht ist Buddhismus sogar eine spezifische Wiener Seinsform.

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